Vorwort Buch Kölner Schimpfwörter

Vorwort

Schänge mit Hätz

Kölsche Tön – derb und ungeniert, aber immer voll Gemüt

Eines steht fest: In Köln ist man nicht auf den Mund gefallen. Wer als Stadtfremder einmal durch die typischen Viertel schlendert, merkt schnell: Hier redet man gern, viel und laut. Und – was nicht überall selbstverständlich ist – man redet miteinander.

In Köln trifft man mit Sicherheit nicht auf einen schweigsamen, eigenbrötlerischen Menschenschlag. Im Gegenteil – Geselligkeit wird in dieser Stadt groß geschrieben.

Die Nachbarschaft und die Straßengemeinschaft sind in Köln mindestens ebenso wichtig wie die Verwandtschaft (wenn nicht wichtiger), und ob man nun die ahl Frau Schmitz beim Einkaufen auf der Straße trifft oder et fussich Marie met ihre Pänz (die rothaarige Maria mit ihren Kindern) im Stadtpark auf dem Spielplatz – da ist erst mal ein Verzällche, ein Schwätzchen, fällig.

Noch eines wird man wahrscheinlich schnell merken: Der kölsche Dialekt ist nicht unbedingt – jedenfalls selten auf Anhieb – eingängig oder gar sympathisch.

Klingt die Sprache auch zunächst melodisch und flüssig in den Ohren, einem breiten Singsang ähnlich, spätestens wenn man auf das achtet was gesagt wird, verschlägt es dem Fremden oft die Sprache; denn Kölsch ist derb und unverblümt.

Ein Dialekt mit Charakter: ehrlich und unverblümt

Um Kölsch zu lieben, muss man damit vertraut werden, die Sprache kennen lernen und auch die Menschen, die sie sprechen. Dann bekommt man ein Gespür für die besondere Qualität dieses Dialektes, seine Doppelseitigkeit, bei der das Derb-Drastische und das Zärtlich-Liebevolle meist eng beieinander liegen, oft sogar austauschbar sind.

„Do fiese Aaschknubbel” tituliert vielleicht der Autofahrer seinen unverschämten Zeitgenossen, der ihm den Parkplatz vor der Nase weggeschnappt hat, aber „ming klein Aaschknübbelche” nennt auch die Mutter zärtlich ihr Baby, das rosig strampelnd in ihrem Arm liegt. Vielleicht ist es gerade die Freude an der Geselligkeit, das selbstverständliche miteinander Umgehen, das der kölschen Sprache ihre Derbheit verliehen hat.

Denn Derbheit bedeutet schließlich auch Offenheit, die Möglichkeit, ehrlich sagen zu können was zu sagen ist – was allemal der Grundstein für ein friedlich-tolerantes Zusammenleben ist.

Kein Zweifel, in Köln sagt man was man denkt. Sagt man es jedoch auf Kölsch, so verliert, was auf Hochdeutsch vielleicht bösartig und aggressiv klingt, ein wenig seinen Stachel.

Ein Dialekt mit Gefühl: bildhaft und humorvoll

Wer Kölsch spricht, muss beobachten können, sowohl die Mitmenschen (sich selbst eingeschlossen), als auch alles andere, was um ihn herum geschieht. Und um beobachten zu können, braucht es eine gehörige Portion Interesse, Neugier, Aufgeschlossenheit.

Deshalb ist das Kölsche auch immer noch eine lebendige Sprache, die fähig ist, durch Wortneuschöpfungen und -kombinationen stets dem momentanen Geschehen, der aktuellen Situation gerecht zu werden. Kölsch ist eine kreative, variable Sprache, mit der man jede Situation voll auskosten kann, die stets neue Möglichkeiten und Anstöße für ihr breites Repertoire findet.

Und nicht zuletzt: Kölsch ist humorvoll. Das ist einfach eine Sache der Mentalität. Selbst wenn das Gesagte noch so derb klingt, es wird (fast) immer mit einem Augenzwinkern ausgesprochen. Was den kölschen Sprachschatz geformt hat, war wohl meist eher die Freude an kräftiger Lautmalerei als der Wunsch, eine andere Person mit Worten niederzumachen. Denn das Klischee vom umgänglichen Rheinländer, dem Frohsinn und Lebensfreude schon in die Wiege gelegt werden, ist durchaus nicht aus der Luft gegriffen.

Ein volkstümlicher Dialekt: schrankenlos und unverkennbar

Der kölsche Dialekt ist auch immer eine Volkssprache gewesen, die keine sozialen Schranken kannte. Noch bis in dieses Jahrhundert hinein sprach man Kölsch sowohl in der Familie des Bürgermeisters als in der des Kohlenträgers. Nur wenige Dialekte haben somit wohl auch so stark als ein einendes soziales Element gewirkt. Heute allerdings hat das Kölsche – wie die meisten Dialekte – einen schweren Stand. So sprechen es die, die keine Bildung haben, die eben nicht richtig Hochdeutsch sprechen können, meint man vielerorts und bemüht sich eifrig um reine hochdeutsche Klänge. Wenn auch das Kölsche über Kölner Musikbands wie z.B. die „Bläck Fööss”, die „Höhner” oder die auch weit über die Grenzen Kölns hinaus bekannte Popgruppe „BAP” – um nur einige zu nennen – eine Renaissance erlebt. Kölsch zu sprechen, wird scheinbar wieder salonfähig, ist wieder „in” – und das nicht nur zur Karnevalszeit. Darüber hinaus – wirklich verleugnen kann ein „waschechter” Kölner seine Herkunft sowieso nie, jedenfalls nicht, sobald er den Mund aufmacht. Die typische Betonung und der eigentümliche, singende Tonfall lassen sich auch mit bestens einstudiertem Hochdeutsch kaum überdecken.

Jupp Färver

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